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Diese Übersicht beinhaltet zusätzliche Informationen zu den oben dargestellten Indikatoren, wie eine kurze Definition des Indikators und eine Beschreibung des politisch festgelegten Zielwertes sowie die politische Intention für die Auswahl des Indikators.

Definition

Die Indikatoren stellen den Anteil der Personen an der Gesamtbevölkerung (in Prozent) dar, der als materiell und sozial depriviert (1.1.a) bzw. als erheblich materiell und sozial depriviert (1.1.b) gilt. Materielle und soziale Deprivation (Entbehrung) beschreibt den unfreiwilligen Verzicht auf ausgewählten Konsum aufgrund finanzieller Probleme und den Mangel an bestimmten Gebrauchsgütern aus finanziellen Gründen. Die (erhebliche) materielle und soziale Entbehrung trifft für alle Menschen zu, deren Haushalt von dreizehn vorgegebenen Kriterien, die die finanziellen Einschränkungen des Haushalts widerspiegeln, mindestens fünf (erheblich materiell und sozial depriviert: mindestens sieben) erfüllt. Sechs der dreizehn Kriterien beziehen sich dabei auf Einzelpersonen und sieben auf den gesamten Haushalt.

Intention

Der Indikator „materielle und soziale Deprivation“ (auch: materielle und soziale Entbehrung) soll durch die Identifikation individueller Mangelsituationen zur Abbildung armutsgefährdeter Lebenslagen dienen. Er ist auch Teil der ausführlichen Armuts- und Reichtumsberichterstattung der Bundesregierung.

Ziel

1.1.a: Anteil der Personen, die materiell und sozial depriviert sind, bis 2030 unter dem EU-Durchschnitt halten
1.1.b: Anteil der Personen, die erheblich materiell und sozial depriviert sind, bis 2030 unter dem EU-Durchschnitt halten

Art des Ziels

1.1.a: Gleichbleibende Zielvorgabe in jedem Jahr
1.1.b: Gleichbleibende Zielvorgabe in jedem Jahr

Umsetzung in der Wetter­symbol­berechnung

Sowohl der Anteil der Personen, die materiell und sozial depriviert sind (1.1.a), als auch der Anteil der Personen, die erheblich materiell und sozial depriviert sind (1.1.b), soll jedes Jahr unter dem entsprechenden Anteil in der EU liegen.

Ausgehend von der Zielformulierung wird für jedes Jahr die Differenz zwischen dem EU-Wert und dem Wert für Deutschland gebildet. Für beide Indikatoren werden (aufgrund methodischer Änderungen am Erhebungskonzept) die Indikatorwerte von 2020 bis 2024 betrachtet.

Die Differenz ist bei beiden Indikatoren für das Jahr 2024 positiv, d. h. der Anteil in Deutschland ist jeweils niedriger als der Anteil in der EU. Die politisch festgelegten Ziele sind in 2024 erreicht, aber die Differenzen haben sich in den letzten fünf Jahren aber stetig verringert, sodass die indikatoren für Jahr 2024 mit “Leicht bewölkt” bewertet werden.

Hinweis: Der Bezug auf die Anteile in der EU als Zielgrößen bedeutet, dass die Indikatoren positiv bewertet werden können, auch wenn sich die Anteile der (erheblich) materiell und sozial deprivierten Bevölkerung in Deutschland erhöht haben.

Bewertung

1.1.a: Wettersymbol Leicht bewölkt
1.1.b: Wettersymbol Leicht bewölkt

Datenstand

30.04.2025

1.1.a, b Materielle und soziale Deprivation sowie erhebliche materielle und soziale Deprivation

Die für diesen Indikator verwendeten Daten basieren auf der europaweit harmonisierten jährlichen Erhebung über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC). Im Erhebungsjahr 2020 wurde EU-SILC aufgrund gestiegener Anforderungen an Aktualität sowie an die Bereitstellung tiefgegliederter regionaler Ergebnisse umfassend methodisch überarbeitet und in den Mikrozensus integriert. Infolge dieser Neuausrichtung sind die Ergebnisse ab 2020 nicht mit denen der Vorjahre vergleichbar.

Im Rahmen der Entwicklung der Europa 2030-Ziele wurde der bisherige Indikator zur „materiellen Deprivation“ überarbeitet und um Aspekte der sozialen Deprivation erweitert. Seit 2021 wird er daher als Indikator der „materiellen und sozialen Deprivation“ geführt. Bei Personen, die unter materieller und sozialer Deprivation leiden, sind die Lebensbedingungen aufgrund fehlender finanzieller Mittel stark eingeschränkt. Sie beziehungsweise der Haushalt, in dem sie leben, sind nicht in der Lage, mindestens fünf der folgenden dreizehn definierten Ausgaben zu tätigen – im Fall erheblicher materieller und sozialer Deprivation betrifft dies mindestens sieben der dreizehn Ausgaben:

Der Haushalt kann sich finanziell nicht leisten:

1. Miete, Hypotheken oder Rechnungen von Versorgungsbetrieben oder Konsum-/Verbraucherkrediten rechtzeitig zu bezahlen,

2. die Wohnung angemessen zu heizen,

3. unerwartete Ausgaben in bestimmter Höhe aus eigenen Mitteln zu bestreiten,

4. jeden zweiten Tag eine Mahlzeit mit Fleisch, Fisch oder einer gleichwertigen Proteinzufuhr zu sich zu nehmen,

5. jährlich eine Woche Urlaub woanders als zu Hause zu verbringen,

6. ein Auto zu besitzen (kein Firmen-/Dienstwagen),

7. abgewohnte Möbel zu ersetzen.

Das Individuum kann sich finanziell nicht leisten:

8. abgetragene Kleidung durch neue (nicht Second-Hand-Kleidung) Kleidungssstücke zu ersetzen,

9. mindestens zwei Paar passende Schuhe in gutem Zustand zu besitzen,

10. wöchentlich einen geringen Geldbetrag für sich selbst aufzuwenden,

11. regelmäßige Freizeitaktivitäten zu haben (auch wenn diese Geld kosten),

12. mindestens einmal im Monat mit Freunden/Familie für ein Getränk/eine Mahlzeit zusammenzukommen,

13. eine Internetverbindung zu haben.

Die sechs individuellen Merkmale (Punkte 8 bis 13) werden nur bei Personen ab 16 Jahren erhoben. Für Kinder unter 16 Jahren werden die Angaben aus den Informationen der Haushaltsmitglieder ab 16 Jahren abgeleitet. Dabei gilt: Wenn mindestens die Hälfte der über 16-Jährigen im Haushalt angibt, sich eine bestimmte Ausgabe nicht leisten zu können (wie das Ersetzen abgetragener Kleidung), wird dies auch für die Kinder unter 16 Jahren des Haushalts angenommen. Zusätzlich wird geprüft, ob Kinder unter 16 Jahren in einem benachteiligten Haushalt leben – das heißt, ob mindestens drei der sieben haushaltsbezogenen Merkmale erfüllt sind (wie die Wohnung nicht angemessen warm halten zu können).

Zur Sicherstellung der Vergleichbarkeit der Daten hat das statistische Amt der Europäischen Union (Eurostat) für die Jahre vor 2021 Rückrechnungen auf Basis des neuen Indikators vorgenommen.

Im Zeitverlauf lagen die Deprivationsraten in der EU nahezu durchgängig über den entsprechenden Werten in Deutschland. Nach Berechnungen von Eurostat waren im Jahr 2024 insgesamt 12,1 % der EU-Bevölkerung von materieller und sozialer Deprivation betroffen. Dieser Anteil lag damit um 0,7 Prozentpunkten über dem entsprechenden deutschen Wert von 11,4 %. Beim Anteil der erheblich materiell und sozial deprivierten Personen fiel der Unterschied geringer aus: In Deutschland lag dieser Wert 2024 bei 6,2 % – und damit lediglich 0,2 Prozentpunkte unter dem EU-Durchschnitt. Das politisch festgelegte Ziel wurde damit im Jahr 2024 erreicht – im Fall der erheblichen materiellen und sozialen Deprivation jedoch nur knapp.

Deutlichere Unterschiede zeigen sich innerhalb Deutschlands zwischen den Altersklassen. Die Deprivationsrate bei unter 16-Jährigen lag mit 13,0 % über dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung, während sie bei Personen ab 65 Jahren lediglich 8,1 % betrug. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei der erheblichen materiellen und sozialen Deprivation: 7,5 % der unter 16-Jährigen waren betroffen, verglichen mit nur 4,3 % der über 65-Jährigen.

Auch bei Betrachtung der einzelnen Deprivationskriterien zeigen sich teils deutliche Unterschiede. Während sich vergleichsweise wenige Befragte keine Internetverbindung (2,5 %) oder keine zwei Paar passende Schuhe in gutem Zustand (3,9 %) leisten konnten, berichteten rund ein Drittel (32,2 %), dass sie unerwartete Ausgaben nicht aus eigenen Mitteln bestreiten konnten.